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aus meinem Leben, Männer und Väter

Toxische Geschlechtlichkeit

Ich glaube, das Wort habe ich gerade erfunden.

Eigentlich wollte ich ja einmal etwas über Väterrechte schreiben. Die Leute, die mich kennen, wissen, dass ich sehr lange glücklicher, stolzer, alleinerziehender Papa gewesen bin. Ich hätte es sogar noch provokanter als “Männerrechte” bezeichnen können, und womöglich damit einen Aufschrei heraufbeschworen! “Wie kann der nur!?” Und der Aufschrei, den ich dann ja schon oft, fast automatisch, in manchen Foren erfahren durfte, hätte mich dann vielleicht sogar bewogen, meinen Artikel “Toxische Weiblichkeit” zu nennen. 

Bleiben wir mal etwas allgemeiner bei den toxischen Geschlechterrollen, und wer bis jetzt mit Lesen durchgehalten hat, kann sich vielleicht sogar eine kleine Geschichte von mir anhören.

“Was wollen Sie denn?…”

Jetzt ist er ja erwachsen, der Sohnemann. Studiert Jura und macht bald sein erstes Staatsexamen. Alles scheine ich dann doch nicht falsch gemacht zu haben.
Auf jeden Fall, das war schon eine schwere Zeit, das ganze teilweise mit Job und Nebenjob, damit sich das finanziell ausgeht, und ich ihm sein Umfeld erhalten kann. Alleinerziehende sind nichts zu neiden! (Egal, welches Geschlecht)

Und dann fragst du dich, wie kriegst man das hin, mit fairen Arbeitszeiten und passabler Bezahlung? Dann kommt man auf die Idee, sich beim Staat zu bewerben, z.B. in einer Behörde, die Studierte in meinem Bereich braucht. Die Ämter hatten damals oft diesen Passus beistehen: “Frauen mit gleicher Eignung bevorzugt” (oder so ähnlich). 

In meiner vielleicht naiven Vorstellung habe ich mir gedacht, es ginge hier darum, Leuten, die potentiell z.B. durch Kindererziehung eingeschränkt sind, einen Ausgleich zu schaffen. Also bin ich da blauäugig rein, in das Gespräch mit der Abteilungsleitung und bekam prompt eine Abfuhr! “Was wollen sie denn, sie sind doch keine Frau!”
Da habe ich gewusst, dass da eigentlich etwas schief läuft: Frauen, die theoretisch Nachteile haben könnten, weil sie später einmal Kinder erziehen, werden Männern vorgezogen, die das Thema ganz konkret haben. 

Spieltheoretisch gesehen ist das kontraproduktiv. Wenn es den Männern überproportional Nachteile bringt, wenn sie sich für die Kindererziehung entscheiden, verstärkt man nur den Status-Quo. Man schafft dadurch keine Paritäten in der Erziehung und keine in der Arbeitswelt. Ganz abgesehen davon, dass es ungerecht ist, wenn man es nur an dem kleinen Unterschied fest macht, der irgendwo herum hängt oder nicht, statt an der Lebenssituation.
Was ich will? Gleichbehandlung, Emanzipation.

Der kleine Unterschied, Simone de Beauvoir und der “neue” Feminismus

Wir leben in einer Zeit, in dem der kleine Unterschied, ob man einen Pimmel hat oder eine Muschi, wichtiger ist als die reale Lebenswelt. 

Ich habe Simone de Beauvoir gelesen, die Grande Dame des Feminismus aus dem Anfang des 20. Jahrhunderts. Im Prinzip ging es darum, dass Frauen nicht auf ihr Geschlecht reduziert werden, sondern unabhängig davon in allen Lebensbereichen partizipieren sollen. Eben nicht die Reduktion auf eine Gebärmaschine. Ich weiß nicht, wann sich dieses Bild im “modernen” Feminismus so gewandelt hat, dass manche “Feministinnen” genau das tun, sich wieder auf ihr Geschlecht reduzieren. Da kommen “Feministinnen”, sogenannte “TERFs” auf die Idee, Frauen wären nur solche, die als Frau geboren sind und die eindeutigen (nicht nachgeformten) Merkmale haben. Man hätte sonst Angst, dass die Privilegien, die man sich erkämpft hat, aufgeweicht würden. 

Und dann symbiotisiert dieser Feminismus “schwarzer” Prägung plötzlich mit rechtskonservativen Ansichten von der Idee, was eine Frau ist, und dass es eh nur zwei Geschlechter gäbe. Dieser ganze postmoderne Bullshit.

Ich bin diesem LGBTQIA+ näher als diesem biologistischem Pseudo- “Feminismus”, auch wenn ich jetzt klassisch hetero bin: Weil ich Alleinerziehend war, ohne Muschi. Ohne diese komischen Zuordnungen von Geschlechtsteilen zu irgendwelchen gesellschaftlichen Normen. Weil ich weiß, dass man diskriminiert wird, wenn die Einstellung und der Lebensentwurf nicht mit dem übereinstimmt, was gesellschaftlich erwartet wird. 

Sowohl LGBTQIA+ als auch alleinerziehende Männer stehen für das ein, was der klassische Feminismus ursprünglich für eine Idee hatte: Dass es egal ist, welche Merkmale man hat, man kann sich seine Rolle aussuchen. Das gilt nicht nur für Bio-Frauen, sondern auch für alle LGBTQIA+ und sogar auch für weiße Hetero-Männer! Genau das mag für Manche vielleicht neu sein.

Die neue Rechte des Feminismus

Was man oft den Männern nachgesagt hat, dass sie schlecht mit modernen Geschlechterrollen zurechtkommen, dreht sich gerade ins Gegenteil. Männer sind es wohl mehr gewohnt, sich mit dem gesellschaftlichen Wandel zu arrangieren. Sie haben durchaus gelernt, sich und ihre Rolle neu zu finden, notfalls zu fügen. 

Momentan scheinen ja das größere Problem die Frauen zu haben: mit der Freiheit, der Gleichberechtigung und dem Wandel der Anderen.
Und was macht man dann? Man entdeckt seine Liebe zum Konservatismus, und zwar  zu dem extremen, der Veränderung und Moderne als Feindbild darstellt. Es kommt ja nicht von ungefähr, dass Frauen wie Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer plötzlich ihre Zuneigung zu Putin zeigen. Jemand, der LGBTQIA+-Rechte als Feindbild darstellt, und das als Argument für den Krieg gegen die Ukraine nimmt. 

Die toxischen Geschlechterzuschreibungen haben sich doch längst dort gefunden: Linke, AfD und andere (N)ostalgie-Jammerlappen.

Der “alte weiße Mann” als Feindbild 

Das seltsame ist, es scheint der “alte weiße Mann” trotzdem immer noch Feindbild zu sein, obwohl man den ja schon in vielen Fällen rechts-konservativ überholt hat. Alles außer dem “AwM” wären Randgruppen (demographisch schon Unsinn), die man unterstützen und retten muss.
Gut, ich bin mittlerweile 50 und muss mir eingestehen, dass ich auch langsam alt bin. Weiß bin ich auch… Und trotzdem habe ich auch Diskriminierung erlebt.  Allein schon die, dass mir nicht irgendwelche Vorurteile und Zuordnungen aufgeklebt werden, z.B. von Pseudofeministinnen, die es gerne ein bisschen einfach hätten: Der alte weiße Mann hätte es sowieso verdient. Nein, habe ich nicht!

Vor kurzem wurde ich von einer mir unbekannten “Dame” sogar als potentieller Gewalt- und Triebtäter bezeichnet. Kraft ihrer Intuition. Weil sie  wahrscheinlich eifersüchtig war, dass ihre Freundin eine Beziehung haben könnte. Ich habe die Frau deshalb angezeigt, der Staatsanwalt sagt, es gäbe kein öffentliches Interesse. Jetzt überlege ich mir, privatrechtlich weiter zu gehen. Ich meine schon, dass hier ein öffentliches Interesse da sein sollte. 
Man stelle sich vor, ich sehe so eine Frau, und mutmaße daraus, dass sie ihre Kinder schlägt, Kraft meiner Intuition? Wie groß wäre der Aufschrei? (Übrigens gibt´s von mir auch einen Artikel über Intuition)

Das Schlimme ist ja, auch wenn die Anschuldigung absurd ist, man ist ja als Mann praktisch sofort in der Beweisumkehr. Man soll beweisen, dass man Dinge nicht getan hat, was eigentlich (siehe Existenzbehauptung) vom Prinzip her unmöglich ist: Die Nicht-Existenz von etwas kann nicht bewiesen werden. 

Diese Art von toxischer Weiblichkeit, verknüpft mit viel Phantasie, Eifersucht, Missgunst und Darstellungssucht ist nicht so ganz selten. Kachelmann ist drüber gestolpert (auch da war wieder Frau Schwarzer maßgeblich beteiligt) und hat viele Jahre gebraucht, um sich zu rehabilitieren.

Vor ein paar Wochen war Britney Spears wieder in der Presse, mit der Behauptung sie wäre von einem Sicherheitsmann zu Boden geschlagen worden. Durch die Überwachungskamera stellte sich das als Unsinn heraus. Solche Dinge kommen leider viel zu selten zur Anzeige, weil Männer zu oft drüber weg schauen. Das ist so ein Spiel mit den Bildern, die manche Leute im Kopf haben, die man sich zu eigen macht, um Interesse zu wecken.

Man scheint dem “alten weißen Mann” außerdem nicht zutrauen zu wollen, dass er andere Bereiche übernehmen kann, als die, die ihm meist Frauen aus Tradition zugeordnet hätten. Dass man auch einen Haushalt führen kann, und sich auch um die emotionalen Belange kümmert, neben dem Beruf.  Ich bin deshalb früher auch schon mal verbal angegriffen worden, weil ich als alleinerziehender Mann die schlimmste Art des Patriarchats darstellen würde (ja, so verdreht kann man als “Feministin” denken). 

Als Mann darf ich sowieso nicht sagen, was “feministisch” wäre, hat mir vor ein paar Tagen erst eine Dame erklärt. Ob sie selbst auch ein Blatt vor den Mund nimmt, wenn sie über Männer redet? Welcher Mann hätte einer Frau schon mal den Mund verboten, wenn die über Männlichkeitsideen schwafelt? 

Früher  war ich auch einmal in einer Selbsthilfegruppe zu Scheidungen und Trennungen. Die Hälfte davon waren (wie statistisch erwartbar) etwas ältere Männer. Bei ihnen ging es fast immer um die Kinder, die nicht mehr gesehen werden durften und instrumentalisiert wurden, weil (meist) Mütter da oft den längeren Arm und den größeren Einfluss haben. Rachegelüste und Verlustängste halten sich da wahrscheinlich ungefähr die Waage.  Ich bin mir aber auch sicher, wenn wir es irgendwann einmal zu einer paritätischen Gesellschaft schaffen, dann wird sich auch so etwas ausgleichen. Im Prinzip ist das keine geschlechterspezifische Toxizität. Sie sieht nur durch ungleiche Machtverhältnisse weiblich aus.

Da war ich ja als alleinerziehender (weißer alter) Vater ja noch unter den Seligen, trotz des ganzen Ärgers. Oft genug wurde ich von solchen Männern beneidet. 
Dabei fallen mir auch noch die wenig emanzipatorischen Dinge ein, die Mütter sagen, deren Kinder beim Vater aufwachsen: “Jetzt hat er eh schon die Kinder, dann muss er ja eh keine Alimente zahlen”. Den Satz habe ich echt oft gehört. Dass es umgekehrt ist, und dann Mütter eben in dem Fall ihren finanziellen Part leisten müssen, ist gesellschaftlich nicht unbedingt überall durchgesickert. (Selbst erlebt, mein Sohn musste dann auch ohne auskommen, wir haben uns anders geeinigt)

Man sollte mal hervorheben: Man ist NIE NUR “alter weißer Mann”, wie man das so gerne als Feindbild darstellt. Man ist immer auch noch andere Dinge. Zum Beispiel ist man oft auch “Vater”, und das ist einer der Bereiche, in dem man unendlich verletzbar sein kann! Was aber nicht so gerne gesehen wird, obwohl es extrem oft vorkommt. 

“Mein Kind gehört mir”

Ich bin froh, dass an Besitzansprüchen wenig bei meiner Scheidung der Fall war. Das kenne ich im Bekanntenkreis ganz anders, wo deshalb extrem viel über die Manipulation der Kindern gelaufen ist. Ein Packerl, das am Schluss die Kinder zu tragen haben.
Bei mir war es eher meine eigene Mutter, mit massiven Kontrollwahn, extremen Mürbemachen, Gaslightning-Aktivitäten meinem Vater gegenüber, die für extrem toxisch stehen dürfte. Wir waren schon immer auch ihre Vorzeigekinder. Dass das nicht uneigennützig war, zeigte sich nach dem Abi, wie dann mir und meinen Geschwistern die Dinge in den Weg gestellt wurden, damit das Elternhaus nicht verlassen wurde. Da merkte man durchaus, dass es nicht nur um das Kindeswohl geht, sondern es spielt immer noch so eine Art (meist) mütterlicher Eigentumsbegriff mit, der die eigenen Kinder nicht loslassen will. 

Ich glaube, dass der Satz, den man oft von getrennten Müttern hört, “Mein Kind gehört mir”, viel über eine gewisse Toxizität von Rollen aussagt. Ich habe das selbst als Kind schon nicht akzeptiert. Ich bin stolz, dass mein Sohn nach dem Abi seinen eigenen Weg ging, ohne dass ich ihn festhielt (Ich freue mich, wenn ich ihm trotzdem gelegentlich ein bisschen helfen darf). Das liegt wahrscheinlich auch daran, dass Frauen oft übersehen, sich eine Rolle außerhalb dieses traditionellen Geschlechterbildes aufzubauen. Zu leiden haben dann alle darunter, an diesen toxischen Geschlechterrollen.

Gesellschaftlich gesehen haben es wir Väter immer noch mit diesen komischen Vorstellungen zu tun, dass Kinder fast grundsätzlich zur/der Mutter gehören würden. Ich bin so oft gefragt worden: „Was hat das für eine Mutter sein müssen, die ihr Kind beim Mann gelassen hat?” Das ist übrigens einer der wenigen Punkte, wo ich meine Ex in Schutz nehme: Sie war Eine, der das Wohl des Kindes vielleicht ein bisschen wichtiger war, als dieses seltsame Eigentumsverständnis manch Anderer. Sie war keine schlechte Mutter, auch vorher nicht.

Ich habe so oft Frauen erklären sollen, warum mein Sohn denn bei mir wohnt, nicht bei seiner Mutter. Ich lehne das ab, weil es eigentlich das Normalste der Welt sein sollte! Die Frage an sich ist eigentlich eine Gemeinheit, Vätern gegenüber. Stellt sie ja wie selbstverständlich die Eignung in Frage. Ist denen klar, wie ehrverletzend das eigentlich ist? Wie hätte eine Frau reagiert, wenn ich gefragt hätte, warum ihr Kind ausgerechnet bei ihr ist? Sie wäre selbstverständlich ziemlich angepisst gewesen. Das bin ich eben auch, bei solchen Fragen, als Vater, als Mann!

Esoterische Geschlechterzuschreibungen, und wo es bei Wikipedia noch hinkt

Um das vorweg zu sagen, nicht alles, was so als Männerrechte oder Männerrechtler verkauft wird, finde ich gut. Da ist jede Menge dummes Zeug dabei, jede Menge konservativer und reaktionärer Blödsinn. Nur, wie im Abschnitt “Der kleine Unterschied” schon angedeutet, findet man heutzutage gerade im Umgang mit LGBTQIA+ sehr ähnlichen Unsinn bei manchen “Frauenrechtlerinnen”.
Wenn man dann genauer hinschaut, wird man feststellen, so neu ist auch dieser “feministische” Konservatismus gar nicht. 

Es gab neben einem aufgeklärten Feminismus (wie bei Beauvoir), auch immer einen esoterischen Feminismus. Der aufgeklärte wollte Geschlechtergerechtigkeit, der esoterische wollte einfache Erklärungsmuster für die eigenen Wünsche. Ganz analog der Maskulismus: Der aufgeklärte will Parität von der anderen Seite. Der esoterische Erklärungsmuster.

Die Esoterik ist ja beseelt von einem Utopia aus der Vergangenheit. Früher wäre alles besser gewesen, im Einklang. Manche Feministinnen meinen, früher, z.B. vor den abrahamitischen Religionen, bei den Kelten oder sonst wo, hätte es ein Matriarchat gegeben, das irgendwo verloren oder sogar gestohlen wurde. Das historische Recht wäre, das nun zurückzuholen. Da gibt es dann sogar antisemitische Anknüpfungen (Link).
Der Maskulismus behauptet, das Patriarchat wäre die urgründige Gesellschaftsordnung, die es zurückzugewinnen gäbe. Beides ist bescheuert, bringt uns ja nirgendwo weiter. Das sind nur toxische Geschlechterzuordnungen, die zwar feministisch oder maskulistisch sein können, nie aber emanzipiert oder paritätisch. Dumpf-dualistisch und anti-individuell wie Religion. Trotzdem sind sie Bestand der jeweiligen Bubbles.

Ich könnte jetzt lange über den Versuch von Geschichtsauslegung in die eine oder andere Richtung schreiben, entsprechend der Sehnsüchte der jeweiligen Partei. Das hilft uns halt einfach nicht für die Zukunft! Also lassen wir das, es ist Unsinn.  

Ich bin sehr frustriert darüber, wie z.B. Wikipedia eine ungleiche Meinung zu Männerrechten und Frauenrechten formuliert. Und wenn einem das dann unter die Nase gerieben wird.
Wikipedia schreibt, dass der “Maskulinismus von der natürlichen Überlegenheit des Mannes ausgehe”, und “der Maskulismus eine opferideologische Position “einnehme”, und sich als “Antifeminismus” definiere. Das ist, wie ich vorher schon erklärt habe, Blödsinn. Ich bin kein „Opfer“.
Diese Zuschreibungen könnte man 1zu1 auch wieder Teilen des Feminismus zuschreiben, und sie wären genauso richtig oder falsch. Man sollte nicht Feminismus und Maskulinismus so unterschiedlich konnotieren, wie das Wikipedia macht: Den Feminismus als Weg zur Gleichberechtigung darstellen, und das männliche Gegenstück als illegitimer Weg zur Ungleichberechtigung, ist ja für sich genommen schon ungleichberechtigt. Ein Gleichberechtigungs-Paradoxon sozusagen. Es gibt in beiden Richtungen legitime Forderungen und illegitimer esoterisch-konservativer Humbug.

Der Wikipedia-Artikel zu “Männlichkeit” ist etwas besser. Er sagt, dass  “Männlichkeit” ein „nach Zeiten und Regionen unterschiedliches Konstrukt ist, das kritisch hinterfragt werden muss.” Ja, Richtig! Aber im Gegenzug müssen halt auch die Ideen von “Weiblichkeit” angepasst werden. Das fehlt mir immer so ein bisschen. Zu einer konservativen Männlichkeitsrolle gibt ́s eigentlich immer auch das konservative Weiblichkeit-Gegenstück. Richtig deutlich wird das ja gerade in der Positionierung gegen LGBTQIA+-Rechte mancher Feministinnen, wie beschrieben. Mit den Rechten von Minderheiten hat die fragile Weiblichkeit plötzlich ein Problem.

Männer haben, wie immer gerne unterschlagen wird, durchaus Bereiche, wo sie Nachholbedarf haben, ganz besonders dort, wo sie als Väter betroffen sind. 

Aber nicht nur da, es geht auch darum, dass auch Männer ihre Rolle im Leben auch mehr aussuchen dürfen sollten. Ich habe den Eindruck, Frauen definieren viel selbstverständlicher für sich, wieviel Erwerbsarbeit und wieviel Mutter sie sein wollen. Bei Männern kenne ich das nicht:  Die Akzeptanz von Männern, die sich ganz oder in großen Teilen eher um ihren Nachwuchs kümmern würden, ist nicht so besonders groß. Schon gar nicht bei potentiellen Partnerinnen, die finden das dann oft eher befremdlich.

Ich habe selbst die Erfahrung gemacht, wie man nach einem gemeinsamen Studium mit Kinderzieung plötzlich wieder in traditionelle Rollenmuster fällt. Ich bin da als Mann jetzt auch nicht groß gefragt worden, ob mir das recht ist.

Modernes Zusammenleben

Ich habe ja immer so ein Problem, wenn Argumentationen immer auf so unterschiedlichen Ebenen passieren, und dadurch beliebig werden. Wenn zum Beispiel munter durchgewechselt wird, zwischen emanzipatorischen Ansätzen, pseudohistorischen und pseudobiologischen, gerade so wie es gefällt. Und alles könnte dann irgendwo als Feminismus, Maskul(in)ismus oder dem Gegenteil gedeutet werden. 

Es ist z.B. schwierig, gleiches Einkommen zu fordern, wenn man nicht auch das Erziehungssystem paritätisch hinbekommt. Man kann nicht beim Erwerbsarbeit emanzipatorisch argumentieren, bei der Kindererziehung antiemanzipatorisch biologistisch. dann ändert sich nichts. Und ich will ja, dass sich was ändert! 

Die Diskussion um LGBTQIA+ drängt uns dankenswerter Weise dazu, Geschlechterrollen neu zu überdenken. Statt dieses fast religiös anmutenden dualistischen Weltbildes, von Mann und Frau, Yin Yang, Gut und Böse, muss die Gesellschaft endlich lernen, das Individuum zu betrachten. Pauschale Vor- und Nachteile aufgrund von Geschlechterzuordnungen ist zunehmend Unsinn. War es eigentlich immer schon, aber durch die Diversität heute wird endlich klar, dass wir so nicht weitermachen können. 

Ich glaube, das ist eine ganz große Chance, die Ideen von Gleichberechtigung eine Stufe weiter zu heben. Fernab von sich längst überholten Kampfbegriffen.

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Diskussionen

2 Gedanken zu “Toxische Geschlechtlichkeit

  1. Danke für diesen toll verfassten Artikel. So wie ich dich verstehe sollten wir uns nicht auf diese Kleinigkeit Namens Geschlecht beziehen, sondern vielmehr die Individualität der anderen Person in den Blick nehmen. Mit Individualität meine ich aktuelle Lebenslage, Erfahrungen, Vorwissen, charakterliche Eigenschaften, Bedürfnisse etc.

    Verfasst von rowed | Oktober 15, 2023, 8:22 pm

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